HiHAZ: Besetzer bleiben weiter im Bleistifthaus

Initiative will Räume für freie Kulturszene / Vermieter und Universität wollen die Polizei zunächst aus dem Spiel lasse

19.07.2018 HiHaz

Von Norbert Mierzowsky
Hildesheim Ursprünglich sollte es nur eine „symbolische Besetzung“ sein, mittlerweile hat sichdie Aktion von etwa 30 jungen Leuten zu einem Konflikt entwickelt, in den neben dem Eigentümer auch die Universität Hildesheim verwickelt ist. Die Gruppe mit dem Namen „Freiräume Hildesheim“ hat vom vergangenen Montag an das sogenannte Bleistifthaus neben dem Finanzamt an der Kaiserstraße besetzt.

Das hat die Uni bis Ende Juli gemietet, um dort für das Projektsemester Veranstaltungsräume zur Verfügung stellen zu können. Das Semester endete am Sonntag mit einer Aufräumaktion und war offensichtlich Anlass für die Gruppe „Freiräume“, als Besetzer aktiv zu werden. An die Öffentlichkeit sind sie erst Dienstag getreten.

„Unser Ziel ist es, in Hildesheim günstig zu mietende Räume
für die freie Kulturszene anzubieten“, sagt eine der Sprecherinnen der Gruppe, die – wie alle anderen Teilnehmer auch – anonymbleiben möchte. Damit solle Platz
für Konzerte, Ateliers, Büros für politische Gruppen und deren Veranstaltungen geschaffen werden.

Seit Mittwochfrüh verhandeln die Besetzer nun mit dem Eigentümer Peter Seide, einem Wirtschaftsprüfer aus Hannover, der auch im Immobiliengeschäft tätig ist. Doch der sieht sich nicht in der Verantwortung und erwartet von seinem Mieter, der Uni Hildesheim, dass sie das Gebäude wieder im gleichen Zustand zurück gibt, wie sie es gemietet hat. Also ohne Besetzer.

Uni-Präsident Wolfgang-Uwe Friedrich sieht das anders: „Unser Projektsemester ist zu Ende, wir haben unsere Miete bezahlt und werden auch die Polizei nicht rufen.“ Das
sei wiederum Sache des Eigentümers. Allerdings hat Uni-Baudezernent Thomas Hanold die Besetzergruppe aufgefordert, das Gebäude bis Mittwoch 15 Uhr zu verlassen.

Was die nicht getan haben. Im Gegenteil: Sie haben zu einer Kundgebung um 15 Uhr aufgerufen. Doch die erwarteten Unterstützer blieben aus. Allerdings hat auch niemand im Gegenzug die Polizei gerufen. Seide dazu: „Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit friedlich endet.“ Damit ist zumindest bis Ende Juli alles offen. „Wir wollen die Zeit nutzen, unser Anliegen deutlicher zu machen“, sagt die Sprecherin der „Freiräume“.

Kommentar
Noch zu blauäugig
Von Norbert Mierzowsky

Die jungen Leute, die für mehr Räume für Kultur und politische Initiativen in der Stadt kämpfen, haben gute Ideen und wollen sich engagieren. Doch ihre Besetzungsaktion führt ins Abseits. Sie kämpfen auf eigene Faust für ihre Sache, ohne sich Partner zu suchen. Die Besetzung ist illegal, ja, sie ist zu dem blauäugig. Aber vielleicht nicht aussichtslos. Eine ähnliche Aktion hatte Mitte der 90er Jahre Erfolg. Aus der Sültebesetzung wurde später die Kulturfabrik Hildesheim. Und die anfangs naive studentische Trillke-Initiative ist seit mehr als 20 Jahren eine erfolgreiche Genossenschaft, die gegen Widerstand ihr Ziel erreicht hat. Zwei Initiativen, die ursprünglich auch nur mit guten Ideen angetreten sind. Die jungen Leute haben schnell gelernt, betriebswirtschaftlich zu denken und hatten dadurch Erfolg. Die neuen Aktivisten müssen das erst noch lernen.

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